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Thomas Darchingers Tagebuch-Inszenierung fesselt die Aula

Eine packende, drückende Stille durchdrang die Aula des Berufskollegs Rheine, als Schauspieler Johann Jaster Auszüge aus dem Tagebuch des Holocaust-Überlebenden Solly Ganor verlas. Verschiedene Klassen waren von Initiatorin Olivia Schmits eingeladen worden, um das szenische Hörspiel unter der Regie von Thomas Darchinger zu erleben. Schulleiter Benedikt Karrasch selbst begrüßte die Künstler und verwies darauf, dass Flucht auch fast 80 Jahre nach den aufgezeichneten Tagen Ganors noch immer ein aktuelles Thema ist, wie auch die Biografien mehrerer Klassen am Berufskolleg beweisen. Regisseur Thomas Darchinger schloss sich den Worten an, dass auch die Arbeit an der Demokratie, wenn nicht sogar der Kampf um die Demokratie, andauert. Eine freie, offene Gesellschaft schlechtzureden sei das eine, auf der anderen Seite zeige aber das Stück, was fehlt, wenn man nicht für die Demokratie eintrete und sich – vielleicht schleichend – korrumpieren lasse, wie in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts geschehen.

Die folgenden Momente gehörten Schauspieler Johann Jaster, der aus den Tagebüchern las und die dabei im Kopf aufgerufenen Bilder mit dem atmosphärisch dichten Soundtrack von Henning Lohner untermalte. Die Tagebuchaufzeichnungen begannen bereits in Gefangenschaft, in der Ganor mal feststellte, wie sehr ein einzelner Tag „nach Freiheit roch“, um sich dann doch wieder zwischen Arbeit, Hunger, Aggression und Demütigung durch die Wärter aufzureiben. Schreiende Nazis übertönten alle Hoffnung, Gewalt und Tod waren ständige Begleiter. Das letzte Glück war zumeist eine unverhoffte Essensration, erwartbar war eher der Schrecken, etwa eine Hinrichtung für den Besitz eines Buches. Entkräftet und entmutigt gibt es auch für Ganor scheinbar keinen Ausweg, der ‚Todesmarsch‘ fordert bei vielen Weggenossen die letzten Lebensgeister ein, scheinbar durch ein Wunder tauchen dann doch die Allierten auf und geben Hoffnung, Nahrung und die Freiheit zurück.

Die bedrückende Stille hält auch noch kurz nach dem Stück an, erst allmählich finden die Gedanken wieder zurück in die Aula. Die Sinne für die Bedeutung der Demokratie sind geschärft. Das Berufskolleg dankt Thomas Darchinger und Johann Jaster für die ergreifende Vorstellung.

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